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Ein Geschenk an die Musikfreunde

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TRIER. Mit einem überragenden Konzert hat das Philharmonische Orchester Trier die neue Spielzeit der Sinfoniekonzerte eröffnet. Mit Werken von Richard Strauss, Felix Mendelssohn Bartholdy und Johannes Brahms hatte Generalmusikdirektor Victor Puhl ein Programm zusammengestellt, das klassischer kaum sein konnte.

Von Gerhard W. Kluth

“Welch ein Werk, welche Poesie, die harmonischste Stimmung durch das Ganze, alle Sätze wie aus einem Gusse, ein Herzschlag, jeder Satz ein Juwel!” Das sagte Clara Schumann über die dritte Sinfonie von Brahms. Wie Recht sie doch hat, mochte man ausrufen, nachdem der letzte Ton dieses Opus 90 im großen Haus des Trierer Stadttheaters verklungen war. Es hatte sich wieder einmal gezeigt, welch ein großes musikalisches Geschenk dieses Orchester für die Stadt Trier darstellt. Die F-Dur Sinfonie endet nicht mit einem furiosen Finale. Sie nimmt am Ende verhalten, im Piano, Abschied. Das hinderte das Publikum aber nicht daran, Puhl und seinen Musikern begeisterten Applaus zu spenden. Berechtigt, auch wenn längst nicht alles perfekt war. Schön wäre es gewesen, wenn das Orchester einen größeren Streicheranteil gehabt hätte. Hier musste man, was die Kraft anging, manchmal ein wenig seine Fantasie spielen lassen. Ein störender Punkt war die Lüftung des großen Hauses, die mit ihrem beständigen Brummen und Rauschen die Pianissimopassagen und vor allem auch die Generalpausen torpedierte.

Ein Teppich aus edler Seide

Aber für Beides kann man weder Puhl noch das Orchester verantwortlich machen. Sie gaben ihr Bestes und gestalteten einen Abend, der es in sich hatte. Man konnte sich versenken in dieser Musik, die im Sommer 1883 entstand. Antonin Dvořák hatte über sie gesagt, sie bestünde aus lauter Liebe und das Herz ginge ihm beim Hören auf. Die Philharmoniker taten alles, damit diese Wirkung auch in Trier eintreten konnte. Von ganz besonderer Schönheit war der zweite Satz, ein Andante, das von den Holzbläsern mit unglaublich tiefer Andacht gestaltet wurde. Ein Choral, mit tiefer Ehrfurcht intoniert, erfüllte das große Haus. Am Anfang des Abends stand die sinfonische Dichtung “Don Juan” von Strauss, mit dem sich das Orchester vor dem großen Meister verneigte, vor 150 Jahren geboren wurde und dessen Todestag sich in diesem Monat zum 65. Mal jährte. Hier, wie auch bei Brahms legten die Musiker einen Teppich aus, der aus edler Seide gewebt war. Filigran und schmeichelnd einerseits, fest und beständig andererseits. Sehr ausdrucksstark, fordert Strauss an manchen Stellen und so gestalteten die Trierer das Opus 20 auch. Für beide Kompositionen galt, dass hier Musik auf die bestmögliche Art zum Leben erweckt wurde.

Voller Grazie und lyrischer Andacht

Den Mittelteil des Abends bildete das Violinkonzert in e-Moll von Mendelssohn Bartholdy. Für den Solopart hatte Puhl die 35jährige Japanerin Sayako Kusaka an die Mosel verpflichtet und damit eine überragend glänzende Technikerin geholt. Man kennt das Opus 64 und viele Musikfreunde können es mitsingen. Und trotzdem war es so, wie es in Trier erklang, ein Erlebnis. Kusaka brannte regelrecht ein Feuerwerk ab, glänzte mit den virtuosen Passagen. Sie wurde eins mit ihrem Instrument und der Musik. Aber sie beließ es nicht dabei. Vielmehr gab sie insbesondere den langsamen Passagen viel Ausdruck und viel Tiefe. Was Kusaka bot, war keine Zurschaustellung ihrer virtuosen Fähigkeiten, sondern sie zeigte sich als eine Künstlerin, die das Werk zur Gänze zu ihrem eigenen gemacht hatte. Und so geriet ihr dann der zweite Satz mit wundervoller Grazie zu einer lyrischen Andacht, die tief bewegte. Das Trierer Orchester war ihr dabei ein absolut verlässlicher Partner. Alles in allem war das erste Sinfoniekonzert der neuen Saison ein Geschenk an die Musikfreunde, wie es schöner nicht hätte ausfallen können.

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Bildquelle: Gerhard W. Kluth


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