TRIER. Mit 41 angemeldeten Teilnehmern hatte der DGB Trier gerechnet − 150 interessierte Gäste waren gekommen, um die drei Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch Themen wie Arbeits- oder Rentenpolitik würden dabei eine Rolle spielen, betonte DGB-Regionalgeschäftsführer Christian Schmitz. Diskutiert wurde dann aber vor allem über Bundes- und Landespolitik. Eine enttäuschende Runde, die wenig Erkenntnisreiches brachte, und vor der einige Gäste schon nach kurzer Zeit ins Freie flohen.
Wasser und Pizza waren bereitgestellt worden. “Für alle hungrigen Arbeitnehmer, die direkt von der Arbeit ohne Chance auf ein Abendmahl zur Podiumsdiskussion gerauscht sind”, so der Regionalgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Christian Schmitz zu Beginn. Zuvor hatte er noch ein gehöriges Platzproblem zu lösen. Offiziell zur Veranstaltung hatten sich 41 Teilnehmer angemeldet. In den kleinen Saal der Tufa drängten hingegen rund 150 Gäste. Zusätzliche Stühle und gemütliches Zusammenrücken halfen nichts. Einige Teilnehmer mussten die Veranstaltung im Stehen verfolgen. “Eine spontane Verlegung in den Großen Saal ist nicht möglich”, betonte Tufa-Vorstandsmitglied Klaus Reh.
Dieser ergriff zu Beginn der Veranstaltung das Mikrofon, um noch einmal an den schmerzlichen Verlust von Dieter Lintz zu erinnern. Sichtlich gerührt zählte er auf, auf welch vielfältige Weise der Trierer Journalist, der am vergangenen Samstag bei einem Autounfall starb, die Tufa und die gesamte Kulturszene unterstütze. “Die Tufa ist ein Trauerhaus”, berichtete Reh. “Wie sehr er uns fehlen wird, werden wir erst noch schmerzlich in Erfahrung bringen müssen.” Ein Blick durch den Saal reichte, um zu erkennen: Reh hatte einen Nerv getroffen. Vor allem OB-Kandidatin Hiltrud Zock rang um Fassung. Ihre und Lintz’ Wege hatten sich in der Vergangenheit im kulturellen Bereich häufig gekreuzt.
Die Stimmung wurde im Folgenden nur von einer eher bundespolitisch geprägten Einführungsrede durch Gewerkschafter Christian Schmitz getrübt. Denn auch die Haltung der OB-Kandidaten zu den Themenbereichen Arbeits- und Sozial- sowie Rentenpolitik sei entscheidend für die Kandidatenpräferenz der Wähler, betonte er. Der DGB hatte den OB-Aspiranten zuvor eine längere Liste an Fragen rund um den gesetzlichen Mindestlohn, die Bekämpfung der Altersarmut oder das DGB-Rentenkonzept geschickt, die das Dreiergespann in ihren jeweiligen Einführungsstatements aufgreifen sollten.
Zu Beginn waren stadtpolitische Themen Mangelware
Die Kandidaten − sichtlich überrannt von dem gewaltigen Themenspektrum − gaben nachfolgend ihr Bestes, um den Zuschauern möglichst viel Informationen zukommen zu lassen. Sich im Kreis drehende und vor Konsens strotzende Diskussionspassagen, wurden auch von Moderator Marcus Heintel nicht unterbrochen. Der DGB-Kreisverbandsvorsitzende in Bernkastel-Wittlich saß vor einiger Zeit noch selbst auf der Fragebank. Seit kurzem ist er Bürgermeister der neuen Verbandsgemeinde Traben-Trarbach. Das Publikum zeigte sich am Diskussionsverlauf reichlich desinteressiert. Erste Gäste, darunter auch Stadtratsmitglieder, verließen den kleinen Saal und vertrieben sich lieber bei einem kühlen Bier in der angrenzenden Gaststätte die Zeit.
Nach einer ganzen Stunde, die eher an das deutsche Kanzlerduell als an den Trierer OB-Wahlkampf erinnerte, wurden dann erstmals kommunale Themen aufgegriffen und unterschiedliche Haltungen der Kandidaten offensichtlich. So drehte sich die Diskussion in dem vor allem mit älterem Publikum besetzten Saal zunächst um die Auswirkungen des demographischen Wandels und die Versorgung Pflegebedürftiger. Wolfram Leibe, der in dem Themenkomplex als ehemaliger Leiter der Trierer Arbeitsagentur geradezu beheimatet ist, verdeutlichte zunächst die Chancen der Bevölkerungsentwicklung für die Stadt Trier, wie beispielsweise die steigende Anzahl von Ausbildungsplätzen.
Häufig war es vor allem Leibe, der den Fokus des Gesprächs wieder auf kommunale Aspekte lenkte. Das fiel dem Landtagsabgeordneten und Grünen-Kandidat Fred Konrad noch sichtlich schwer. Dem Kinderarzt aus der Südwestpfalz war zwar sein Fachwissen aufgrund seiner Tätigkeit als sozialpolitischer Sprecher seiner Landtagsfraktion anzumerken, aber er konnte er sich nur schwer thematisch von der Landes- oder Bundesebene lösen, sodass Leibe ihn zuweilen einzufangen versuchte. “Sie haben die landespolitische Sicht mitgebracht. Wir sind hier aber anders, wir bauen keine Pflegekasernen”, unterbrach Leibe ein Statement Konrads, in dem er auf die Gefahren einer unsensiblen Investorenauswahl bei dem Bau von Pflegeeinrichtungen aufmerksam machen wollte.
Auch Zock mahnte, dass in Trier vor allem Stiftungen die Versorgung der älteren Generation sicherstellen würden. Eine sensible Auswahl von Investoren sei daher Pflicht. Ganz dem Vorbild ihres CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Ulrich Dempfle entsprechend, forderte sie dann die Möglichkeit des kostenlosen Busfahrens für Ältere. Dempfle hatte im erst im vorangegangenen Kommunalwahlkampf das “Ein-Euro-Ticket” für Trierer Stadtbusse gefordert und im Vorfeld dazu beigetragen, die eigentlich parteilose Kulturexpertin für das OB-Amt vorzuschlagen. In diesem Sinn argumentierte Zock: “Warum sollten wir das nur immer für Schüler ermöglichen. Ich denke da an so eine Art Sozialticket”, stellte die Agenturhaus-Chefin in den Raum.
Landkreise stärker in die Verantwortung nehmen
Aber Zocks Forderung sollte nicht die überraschendste für diesen Abend bleiben. Als die Diskussion sich um die finanzielle Ausstattung der Stadtkasse drehte, wurde der Schwarze Peter schnell den umliegenden Landkreisen zugeschoben. Der Tenor unter den drei Kandidaten war klar: Vor allem die Landkreise profitieren von den Angeboten der Stadt Trier, also Kultureinrichtungen, Schwimmbädern oder Schulen. Daran sollten diese sich aber auch entsprechend finanziell beteiligen. Konrad erklärte sodann: “Ich lege mich fest. Als Oberbürgermeister würde ich nicht nur mehr Kooperation fordern, sondern die Zusammenlegung mit dem Landkreis befürworten.” Die finanzielle Ausstattung sei so gesichert.
Zock konnte sich ein Lachen nicht verkneifen: “Das wird wohl in der nächsten Legislaturperiode nicht passieren.” Leibe ergänzte, dass die Stadt stärkere Appelle an den Landkreis richten sollte. “Wir müssen fair abrechnen. Das werden keine einfachen Diskussionen in den nächsten Jahren, aber die Kreise müssen Trier in seiner Zentralität unterstützen.” Offenbar erleichtert, dass doch noch kommunale Themen in den Vordergrund rückten, zeigten sich große Teile des Publikums offenbar auch nicht erpicht, daraufhin weitere Fragen zu stellen.
Nur ein Vertreter der Gewerkschaft der Polizei wollte ergänzend von der Runde wissen, wie sie gegen die Überforderung der Polizei im Bereich Sicherheit und Ordnung vorgehen wollen. Seit 1997 sind die Kommunen selbst für diesen Bereich zuständig. Der Vorwurf der Polizeibeamten: Lediglich acht Beamte der Stadt seien überhaupt dafür zuständig. “Wir fühlen uns von unseren bisherigen Oberbürgermeistern im Stich gelassen.” Alle drei Kandidaten gelobten Besserung, obgleich auch sie eingestanden, im Vorfeld keine festen Versprechungen liefern zu können.
In der Abschlussrunde hatten die Kandidaten die Chance, noch einmal kurz den Satzanfang “Ich will Oberbürgermeister werden, weil…” zu ergänzen. Zock betonte, sie könne “Menschen zusammenbringen und begeistern”. Konrad erklärte, er sei “gut vorbereitet” und könne “weit über den Tellerrand hinausschauen”. Das wollte auch Leibe für sich gelten lassen: “Ich will Ideen mit nach Trier bringen.”
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Bildquelle: lokalo