TRIER. Wahlkampf geht auch spaßig: Die drei Kandidaten für den Oberbürgermeister-Job, Wolfram Leibe (SPD), Hiltrud Zock (parteilos, für die CDU) und Fred Konrad (Grüne) haben sich eine Woche vor der Entscheidung sichtlich warm gelaufen. Es wurde geblödelt, viel gelacht – und minimale Seitenhiebe für die Konkurrenten gab’s quasi gratis. Ein eigentlich überraschend lockerer Abend, denn die Diskussionsrunde in der Tufa am Samstagabend berührte anfangs knochentrockene kulturphilosophische Kernthemen.
Von Gabriela Böhm
“Was ist eigentlich Kultur?” Soll sie Trennendes überwinden? Baut sie Trennendes auf? Was unterscheidet Kunst und Kultur? Ach herrjeh, das sieht am Anfang der mehr als zweistündigen Diskussionsrunde doch sehr theoretisch aus. Dementsprechend schwer tun sich die OB-Kandidaten zu Beginn bei den Fragen der Moderatoren, Hannah Ma und Peter Larsen. Sie: Tänzerin und freischaffende Künstlerin. Er: Dramaturg und Musikwissenschaftler. Fred Konrad setzt dem theoretischen Exkurs noch einen drauf und gerät “ins Schwafeln”, wie er später lachend sich selbst beurteilt. Dabei hat er aus dem Stegreif seinen höchst persönlichen Kulturbegriff abdruckreif definiert.
Dass der Abend durchaus unterhaltsam gerät, war insbesondere ein Verdienst von Florian Burg und Stefan Vanecek. Die Beiden umrahmen die Wahlkampfveranstaltung in Form von Sketchs, sprechen den OB-Kandidaten ihre Eignung ab, machen Selfis, wollten selbst als OB kandieren, an Fördergelder für Kunstprojekte kommen, um sich schließlich im Eigeninteresse zu zerstreiten. Das liebe Geld: Wie soll Kunst finanziert werden? Aus welchen Töpfen? Wer entscheidet? Fragen über Fragen, mit denen sich Konrad, Zock und Leibe wacker durch den Abend schlagen – und inhaltlich oft wiederholen.
Eine Grundfinanzierung für freie Künstler, “obendrauf Projektmittel und Sponsoring”, um gleichzeitig festzustellen, dass finanziell “nicht mehr geht” (Leibe), kommunale Mittel und Landesförderung mit Einbeziehung der lokalen Wirtschaft als Sponsor sowie mehr Dienstleistung im Rathaus (Zock) oder kulturelle und demokratische Teilhabe aller Bürger, die bestimmen, welches kulturelle Angebot sie haben möchten (Konrad): Insbesondere Leibe und Konrad punkten im Tufa-Publikum, das den inhaltlich oft nahe liegenden beiden Kandidaten spontanen Beifall schenkt.
Die Gefahr, dass sich Kultur wirtschaftlichen Interessen beugt und es bei Entscheidungen über Programmschwerpunkte nur um Auslastungszahlen geht, sind einige der Befürchtungen von Leibe und Konrad. Dem gegenüber setzt Zock auf Gespräche, auf Begeisterung von Sponsoren aus der Wirtschaft, auf neue Konzepte wie den “Römischen Sommer”. Letzteren kennen freilich die meisten aus dem rund 30 Köpfe zählenden Publikum nicht – und quittieren dies mit Skepsis. Offenbar gibt es Pläne, dass analog zu anderen Stadtveranstaltungen wie dem “Tag der Luxemburger” die City-Initiative die Veranstaltungsreihe “Römischer Sommer” mitfinanzieren wird – für den Luxemburg-Tag steuere die City-Initiative 15.000 Euro bei, sagte Zock.
“Kunst und Kultur oder Event, um Menschen zum Kaufen zu bringen?”, hakt Leibe folgerichtig unter Beifall nach und wird von Zock korrigiert. “Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Kunst und Kultur schließen Marketing nicht aus”, meint die Marketing-Expertin. Für Konrad hingegen ist klar: Wer Kunst bezahlt, hat das Machtinstrument.
An dem Abend ausgesprochen locker drauf der Grüne, der schlagfertig mit Wortwitz und Kenntnis den kulturpolitischen Schlagabtausch über sich ergehen lässt und irgendwann ab 21 Uhr offensichtlich keine große Lust auf weitere Diskussionen hat. Nicht minder engagiert Wolfram Leibe, der wie gewohnt das nötige Zahlenwerk beisteuert und gegenüber früheren Veranstaltungen etwas mehr Angriffslust gegenüber Hiltrud Zock zeigt – aber stets mit einem freundlichen Augenzwinkern. Und die Kandidatin für die CDU? Wie immer freundlich lächelnd kann die engagierte Kulturförderin nicht richtig überzeugen. Bei einer abschließenden Zehn-Punkte-Kultur-Wissensabfrage von Peter Larsen bleibt sie zurückhaltend. Trotz einiger Beifallsbekundungen am Abend ist die Haltung im kreativ-alternativen Tufa-Publikum ihr gegenüber eher skeptisch. (gb)
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Bildquelle: Gabriela Böhm