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Horrorszenario auf der Autobahn – Prozess gegen Geisterfahrerin eröffnet

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TRIER/HETZERATH. Bei einem von einer Geisterfahrerin verursachten Unfall starben im Herbst 2012 ein Vater und zwei seiner Kinder auf der Autobahn A 1 bei Rivenich. Am heutigen Donnerstag begann der Prozess gegen die Unfallverursacherin, eine 62-jährige Witwe aus Daun.

Der erste von vier vorläufig angesetzten Prozesstagen begann mit der Befragung von Brigitte K., die nicht bestreitet, den Unfall verursacht zu haben. Sie versichert aber, sich nicht an das Geschehen am 15. Oktober 2012 erinnern zu können, als ein 31-jähriger Familienvater und zwei seiner Kinder auf der Autobahn A 1 beim Parkplatz Rivenich ihr Leben verloren und zwei weitere seiner Kinder schwer verletzt wurden.

Richter Armin Hardt versucht zunächst, der offensichtlich schwer angeschlagenen Frau die Angst vor einer Aussage zu nehmen, die sie offensichtlich angesichts des großen Medien- und Publikumsinteresses befallen hat. Seine Befragung ist sehr präzise, erfolgt immer in ruhiger Tonlage und bezieht sich zunächst auf den Lebenslauf der Frau. Brigitte K. beantwortet die Fragen sehr leise, oft mit zittriger Stimme. Je länger sie spricht, desto mehr wird auch klar, dass sie auch schon vor diesem schrecklichen Geschehen ein hartes Leben hatte. Sie erzählt stockend, dass sie von der leiblichen Mutter in ein Heim gegeben wurde und später bei einer Pflegefamilie aufgewachsen ist. Ihre Pflegeeltern starben früh. Sie ist selbst Mutter zweier Töchter, die in Bayern leben und ihr nur wenig Beistand leisten können. Schon bevor ihr Mann im Jahr 2012 starb wurde sie krank, wurde zwei Mal wegen akuter Lungenembolie behandelt und ist seitdem Dauerpatientin.

Die Angeklagte Brigitte K. und ihr Verteidiger  Florian Ewertz vor der Verhandlung.

Die Angeklagte Brigitte K. und ihr Verteidiger Florian Ewertz vor der Verhandlung.

Sie hatte auch vor dem Unfall schon massive gesundheitliche Probleme. Bei dem von ihr verursachten Unfall erlitt sie selbst schwere Verletzungen, war sieben Monate stationär in Behandlung und wird für immer behindert bleiben. Die körperlichen Verletzungen, die sie davongetragen hat, kann man erahnen, weil sie mit Krücke und Rollator gekommen ist, die seelischen Schäden bleiben gänzlich verborgen – sie hat als Beistand neben Verwandten noch einen Seelsorger mitgebracht – sie ist aber seit diesem Tag, der das Leben vieler Menschen verändert hat, in psychologischer Behandlung. Ihre von ihrem Anwalt Florian Ewertz aus Daun verlesene Erklärung, in der sie sich für das Geschehen entschuldigt und um Verzeihung bittet, nimmt man ihr ab.

Bilder des Schreckens am Unfallort

Insgesamt elf Zeugen wurden an diesem ersten Prozesstag vernommen – Licht ins Dunkel, wie es zu diesem fürchterlichen Unfall kommen konnte, brachten sie nicht. Alle waren an diesem verhängnisvollen Montag im Oktober 2012 ebenfalls auf diesem Streckenabschnitt der Autobahn unterwegs, waren aber alle glimpflich davon gekommen. Der Zeuge Michael A., der von dem später gerammten Fahrzeug des Opfers Shaban K. überholt worden war, schilderte ein wahres Horrorszenario. Der Fahrer war hinter dem Steuer eingeklemmt und offensichtlich auf der Stelle Tot – jedenfalls steht im Totenschein, “gestorben auf der A 1″. Gleiches gilt für den kleinen Sohn, den siebenjährigen Egzan, der im Fußraum des gerammten Fahrzeugs starb. Die Mädchen, von denen die neunjährige Elmedina ebenfalls auf der Straße ihr Leben ließ, die beiden anderen schwer verletzt wurden, waren alle aus dem Fahrzeug geschleudert worden. “Ich werde diese Bilder mein Leben lang nicht vergessen”, sagt der junge Mann.

Das Ende einer Geisterfahrt. In den Trümmern dieses Fahrzeugs starben drei Menschen.

Das Ende einer Geisterfahrt. In den Trümmern dieses Fahrzeugs starben drei Menschen.

Was der 31-jährige Tierpfleger schilderte, wurde von Otmar M. und Udo B., die ebenfalls Ersthelfer am Unfallort waren, in allen Einzelheiten bestätigt. Fest steht auch, dass Brigitte K. auf der aus Sicht der sich richtig verhaltenden Verkehrsteilnehmer auf der Überholspur fuhr, nach dem Zusammenprall bewusstlos und schwer verletzt war. Was die Frau dazu gebracht hat, nach einem Telefonat mit ihrem Bekannten Karl-Heinz, die Ausfahrt zu nehmen und von dort aus schnurstracks links abzubiegen,wurde bisher nicht ersichtlich. Vielleicht lag es daran, dass ihr Navigationsgerät, das sie nach eigener Aussage nicht bedienen kann, sie falsch leiten wollte. Wie die Polizei ermittelt hatte, war es auf den Zielort Grevenmacher eingestellt. Vielleicht hat die Frau es nach dem Telefonat mit ihrem Bekannten eingeschaltet und ließ sich dadurch verleiten, falsch abzubiegen.

Die Verhandlung wird am kommenden Dienstag, 2. September, um 9.15 Uhr fortgesetzt. Auch dann sind wieder elf Zeugen geladen.

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Bildquelle: Andreas Sommer, lokalo, Archiv


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