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Aus für Trierer Skaterhalle – Gegenseitige Vorwürfe

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TRIER. Es ist ein Paukenschlag: Es wird keine neue Skaterhalle für das “Projekt X” in Trier geben. Auf einer eiligst einberufenen Pressekonferenz erklärte Oberbürgermeister Klaus Jensen heute, die Skater hätten am Vormittag jegliche Planungen für die neue Halle in der Eurener Straße über Bord geworfen. Axel Reichertz, Vertreter der Skatergemeinde, argumentiert: “Lieber keine Halle, als eine Halle, bei der wir zu große Bedenken haben, dass sie kein Erfolg wird.” Beide Seiten − Stadt und Skater − geizen nicht mit gegenseitigen Vorwürfen.

Von Yvonne Romes

“Ich bin sehr betroffen”, eröffnete Oberbürgermeister Klaus Jensen eine am heutigen Nachmittag eilig einberufene Pressekonferenz. Eilig deshalb, weil ihm am Morgen seitens der Skatergemeinde mitgeteilt wurde, dass diese die Hallenlösung in der Eurener Straße ablehnt. Aktuell ist die Truppe, die hauptsächlich aus Jugendlichen und ehrenamtlichen Helfern besteht, in einer alten Supermarkthalle in der Aachener Straße in Trier-West untergebracht. Die Stadt hatte den Skatern genehmigt, übergangsweise dort ihren Sportaktivitäten nachzugehen.

Ein aktueller Bebauungsplan sieht für diesen Bereich allerdings eine hochpreisige Wohnbebauung vor. Das Grundstück, in dem sich die Skater befinden, soll an einen Investor verkauft werden. Seit über zwei Jahren nun schon wehren sich die Jugendlichen gegen die Schließung ihrer Halle, in die sie mittlerweile viel ehrenamtliche Energie gesteckt haben. In der Halle befinden sich hochwertige Rampenanlagen und kunstvolle Graffiti-Malereien. Mit einem Film über das Projekt und bundesweiten Wettbewerben erhielt das Projekt ungeahnt hohe Aufmerksamt über die Regionsgrenzen hinaus.

Nach zahlreichen öffentlichen Protestaktionen der Jugendlichen auch vor Stadtratssitzung lenkte die Stadt ein. Der Oberbürgermeister betreute sogar persönlich die Suche nach einem alternativen Standort für die Skater, suchte nach Sponsoren und hielt den Kontakt zu den Organisatoren des Projekts. “Ich habe mich engagiert wie bei keinem anderen Projekt”, betont er in der Pressekonferenz. Er wirkt enttäuscht und niedergeschlagen − kurz vor seinem am Freitag beginnenden Urlaub. “Selbst wenn ich noch die Energie hätte, dann könnte ich den Skatern nicht weiter helfen”, gesteht er.

In diese Halle an der Eurener Straße sollten die Skater ursprünglich umziehen

In diese Halle an der Eurener Straße sollten die Skater ursprünglich umziehen.

Doch was war passiert? Jensen und der ebenfalls in die Planungen mit eingebundene Stadtwerke-Geschäftsführer Arndt Müller hatten in den vergangenen Monaten zusammen mit der Reh-Stiftung, Trägerverein, Skatern und Architekten ein Konzept für die Alternativhalle in der Eurener Straße zu erarbeiten. 650.000 Euro hätte der skatergerechte Ausbau des alten Busdepots gekostet. 200.000 Euro davon hätte die Reh-Stiftung finanziert. “Wir hätten kostendeckend gearbeitet”, betont Müller. Die SWT hätten so ein neues isoliertes Dach, einen skatergerechten Boden, Sanitäranlagen, Cafeteria und Aufenthaltsräume geschaffen. Die Skater hätten dafür rund 1,80 Euro pro Quadratmeter als Miete bezahlen müssen. Diese wäre über Eintrittseinnahmen, aber auch städtische Zuschüsse und Sponsorengeldern beglichen worden.

Jensen betont, die Skater hätten zu Beginn der Verhandlungen keine Anforderungen gestellt, lediglich 600 Quadratmeter als Mindesthallengröße definiert. Die neue Halle zähle rund 1.500 Quadratmeter plus nutzbare Außenflächen. 900 Quadratmeter stünden zusätzlich als Erweiterungsmöglichkeit bereit.

Reichertz, Koordinator des Projektes, behauptet hingegen, die Außenflächen seien den Skatern erst nach zähen Verhandlungsrunden zur Verfügung gestellt worden. Außerdem seien SWT und Stadt von Anfang an lange nicht so kooperationsbereit gewesen, wie von Jensen und Müller dargestellt. Auch mit dem Architekten hätte nur sehr schwierig Kommunikation stattfinden können. “Als wir das erste Mal vor Ort waren, standen auf dem Gelände noch zehn Bäume, jetzt gar keine mehr”, so Reichertz. Das ganze Bauprojekt passe nicht zu den Skatern: “Wir haben nichts gegen den Standort, nichts gegen Jensen, die SWT oder die Stiftung, aber wenn unsere Leute sagen, sie wollen die Halle nicht, dann kann ich nicht gegenteilig handeln.” Reichertz vergleicht die Situation mit der Suche nach einer neuen Wohnung: “Wenn Sie in die neue Wohnung reinkommen und Sie fühlen sich nicht sofort wohl, dann werden Sie sie nicht nehmen.”

Außerdem habe er “Bauchweh” dabei, so viel Geld nur für das Gebäude aufzuwenden: “Ich will nicht undankbar sein, aber das passt einfach nicht zu uns. Bei den Vorschlägen ist noch keine Finanzierung für unsere Innenausstattung enthalten und wie sollen wir mit 20 Leuten und zwei Akkuschraubern diesen Umzug organisieren?” Jensen hingegen betont, er habe “Bauchschmerzen” dabei, in den vergangenen Monaten intensiv nach einer Lösung gesucht zu haben, die nun kurzfristig abgesagt wurde. In der Zwischenzeit hätte bereits dringend benötigter Wohnraum entstehen können. Er wirft den Skatern vor, nicht rechtzeitig über das “Unwohlbefinden” in der potentiellen Halle informiert zu haben. Die Stadt sei “zu allem bereit” gewesen, um es den Skatern so passend wie möglich zu machen. Reichertz sagt, er habe dem Oberbürgermeister bereits bei der ersten Ortsbegehung seine Bedenken im Vier-Augen-Gespräch unterbreitet.

Auch SWT-Vorstand Arndt Müller wirkt zerknirscht.

Auch SWT-Vorstand Arndt Müller wirkt zerknirscht.

Reichertz sieht dies anders als der OB. Jensen präsentiere sich ungerechtferigterweise als “Retter der Skaterhalle”. “Ich finde das einfach nicht richtig. Sechs Monate ist fast gar nichts passiert, und nun stellt die Stadt solche Behauptungen in den Raum. Wir haben uns am stärksten engagiert, um eine Lösung zu finden, aber den vorliegenden Planungen können wir nicht guten Gewissens zustimmen.” Der Oberbürgermeister kann kein Verständnis für die Entscheidung der Skater aufbringen: “Das war ein mehr als großzügiges Angebot. Ich weiß wirklich nicht, was ich noch machen soll.” Aber er betont: Sollten sich die Skater in den nächsten Wochen noch anders entscheiden, lägen die Pläne auch weiterhin in der Schublade − zeitlich allerdings nicht unbegrenzt.

Begrenzt hingegen ist die weitere Verweildauer der Skater in ihrer jetzigen Halle in Trier-West. Dort sollen sie raus, sobald sich ein Investor gefunden hat. Laut Jensen soll die Ausschreibung des Grundstückes nun so bald wie möglich erfolgen. Für die Skater hieße das: Sie müssten die Halle innerhalb eines Jahres räumen, eine Alternative gebe es nicht. Die Stadt wäre um ein beliebtes und von vielen Seiten geschätztes Projekt ärmer, für das lange gekämpft wurde. Der öffentliche Kleinkrieg zwischen den Skatern auf der einen und SWT und Stadt auf der anderen Seite bleibt für viele Beobachter unverständlich. (rom)

ZUM KOMMENTAR VON Eric Thielen

Bildquelle: Bastian Lütge, Google Earth


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