TRIER. Der erste Verhandlungstag im Prozess wegen sexueller Nötigung vor dem Amtsgericht Trier war schnell beendet (lokalo berichtete), umso länger dauerte der zweite am Freitag, 6. Juni. Die Kammer unter Vorsitz von Richter Albrecht Keimburg räumte dem Angeklagten Martin P. viel Zeit ein, um seine Lebensgeschichte zu erzählen, zudem kamen etliche Zeugen zu Wort.
Der aus Bitburg stammende Martin P., der seit der ihm vorgeworfenen Tat am 4. Dezember des vergangenen Jahres in der Forensischen Psychiatrie Klinik Nette-Gut in Weißenthurm untergebracht ist, spricht laut, schweift öfters ab, offenbart aber ein verblüffendes Detailwissen. So erinnert er sich noch an Straßennamen, Hausnummern, die Namen selbst von flüchtigen Bekannten und Einzelheiten von Begebenheiten, die schon mehr als 30 Jahre zurückliegen. Der 55-Jährige, der einer Betreuerin unterstellt ist, hat eine Ausbildung als Mechaniker absolviert und danach noch die Fachhochschulreife erworben. Seine Mutter ist verstorben, den Vater besucht er regelmäßig im Altersheim, zu seinen Brüdern hat er keinen Kontakt mehr. Schon mit 31 Jahren wurde er nach verschiedenen psychologischen Gutachten verrentet.
In Bitburg gilt er als Sonderling, mit der Polizei hat er schon häufig zu tun gehabt, auf dem Richtertisch stapeln sich seine Akten. Wie der Vorsitzende einem Zeugen vorhält, sind die meisten Verfahren gegen P., wegen des Vorwurfs sexuell motivierter Beleidigungen, aber auch Gewaltandrohungen angestrengt worden. Erfahrungen dieser Art hatte aber von den heute vernommenen Zeuginnen keine mit dem Mann gemacht. Ob er tatsächlich derjenige sein kann, der die 14-jährige Jasmin (Name von der Redaktion geändert) auf der Schultoilette mit einem Messer bedroht hat und so dazu zwingen wollte sich auszuziehen, bleibt auch nach dem zweiten Verhandlungstag völlig offen.
P. hat jedenfalls durch seinen Anwalt Günter Blesius Strafanzeige wegen falscher Beschuldigung gegen das Mädchen gestellt und ruft am Ende der Verhandlung auch noch einmal fast beschwörend in den Saal: “Ich war nicht dort.”
Gesehen hat ihn auf dem Gelände des Willibrord-Gymnasiums in Bitburg auch tatsächlich niemand – zumindest nicht von den Personen, die am Freitag aussagten. Manche hatten ihn gar noch nie gesehen. Die Polizisten, die als Zeugen geladen waren, schilderten hauptsächlich ihre erkennungsdienstlichen Tätigkeiten. Die Kleidung, die er bei der Tat getragen haben soll, wurde allerdings nicht gefunden. Genauso wenig wie das Messer, mit dem er seinem Verlangen Nachdruck verliehen haben soll. Erich G., einer der Polizisten, die ermittelt haben, hatte die Wohnung durchsucht, aber weder ein Klappmesser, noch den Mantel oder den Hut gefunden, der als Täterkleidung beschrieben worden war.
Die Polizisten und seine Betreuerin stellten aber unisono fest, den Angeklagten nie körperlich aggressiv erlebt zu haben. “Verbal schon”, sagte einer der Beamten, “aber er hat meines Wissens nie jemanden attackiert.” Das bestätigt auch die Sozialarbeiterin Gisela L., die den Eifeler seit 2010 betreut: “Er ist manchmal etwas wirr oder zerstreut, aber nur, wenn er seine Medikamente nicht regelmäßig einnimmt. Wenn er das tut, ist er konzentriert, zugänglich und zuverlässig. Mir gegenüber ist er nie aggressiv geworden und ich hatte noch nie Angst vor ihm.” Die beiden Lehrer des Gymnasiums kannten P. gar nicht. Sie konnten lediglich Angaben zum vermutlichen Opfer machen. Sie schilderten die 14-Jährige übereinstimmend als ein unauffälliges aber auch sehr introvertiertes Mädchen. An ihrem Verhalten habe sich seit dem möglichen Tatzeitpunkt nichts geändert.
Mehr Klarheit in die möglichen Abläufe wird vielleicht die Aussage von Jasmin bringen, die am nächsten Prozesstag aussagen soll. Nach der Ankündigung von Richter Keimburg wird noch mindestens zweimal verhandelt – am 26. Juni und am 11. Juli.
Bildquelle: HHS/pixelio.de